4. Wahlentscheidungen der Senioren am 26. September 2021 – bekommen sie, was sie wollen und brauchen?
von Dr. med. Manfred Nelting
Die über 70-Jährigen machen mittlerweile ein gutes Fünftel der Wahlberechtigten aus und, da die Wahlbeteiligung in dieser Gruppe in der Regel hoch ist, sind es wohl ein gutes Viertel der Wähler. Sie werden diese Wahl vermutlich entscheiden.
Wir sehen hier zwei Gruppen: die Älteren, die den Krieg als Kinder miterlebt haben, und die 70- bis 75-Jährigen, die sogenannten 68iger, von denen viele auch gegen den Vietnamkrieg und für die Friedensbewegung eingetreten sind. Die erstere Gruppe hatte traditionell oft Adenauer und die CDU gewählt, die zweite Gruppe eher Willy Brandt und die SPD.
In der ersten Gruppe sorgen sich viele um die Sicherheit, für die lange die CDU und zuletzt lange Angela Merkel stand – „Sie kennen mich“ war der Slogan. Viele von ihnen waren Kriegs-traumatisiert und 2015 in der Geflüchteten-Welle haben die Bilder im Fernsehen viele Traumata reaktiviert. Wir haben in den geriatrischen Abteilungen unserer Gezeiten Haus Kliniken viele dieser Menschen behandelt, Angela Merkel war für viele ein Sicherungsversprechen in ihren Ängsten. Aber die Ära Merkel ist nun vorbei, was bedeutet das für diese Älteren? Viele fragen sich, durchaus ängstlich, ob es noch die CDU sein kann, weil alte Antworten in neuen Zeiten oft nicht mehr wirklich passen.
Die 68-iger Generation ist beginnend mit Hoffnungen auf Frieden aufgewachsen, ein Engagement war in ihrer Erfahrung lohnenswert. Materiell zunehmend gesichert, gab es insgesamt eine Offenheit für Neues, für Innovatives und das bis heute. Hier findet sich auch heute ein großes Potential an Aufmerksamkeit für klimapolitische Themen und immer noch an Friedenspolitik.
Zustand der Erde heute
Die Situation der Gesellschaft und der Erde hat sich jedoch völlig verändert. In den letzten 30 Jahren hat sich die Ausbeutung der Ressourcen der Erde dramatisch erhöht; der CO2-Ausstoß stieg exponentiell, gleichzeitig wurden viele natürliche CO2-Speicher wie Urwälder, Moorlandschaften und Humusböden im großen Stil geopfert, Meere in dieser Funktion ausgebremst, Walpopulationen dezimiert und Bodenflächen exzessiv versiegelt. Die Artenvielfalt ging dramatisch zurück, natürliche Lebensräume werden zunehmend zerstört, Pandemien stellen uns vor unbekannte Herausforderungen, internationale Transporte und Flugverkehr bringen Pflanzen, Tiere, Viren und Insekten in Verteilung über den gesamten Globus, vielfach breiten sie sich dort ohne natürliche Feinde unter Gesundheitsgefahren aus.
Diese Entwicklung konnte stattfinden, da die Politik dem Druck der multinationalen Konzerne und der Finanzwirtschaft zugunsten einer neoliberalen Wachstumswirtschaft nachgab und so Profitinteressen Priorität gegenüber Gemeinwohlschutz der Gesellschaft gewonnen haben, gleichzeitig Politik an regulatorischer Kraft verlor (Politik als zahnloser Tiger).
Im Beginn der Ära Merkel schien diese Rechnung durch Wohlstandszuwachs noch aufzugehen, dann aber kippte die Situation zunehmend, die Schere zwischen arm und reich klappte immer weiter auf, eine katastrophale Entwicklung im Klimageschehen kam jetzt auch in Deutschland ins Erleben, was vorauszusehen war, aber in der Großen Koalition nicht auf die Tagesordnung kam.
Nun stehen wir vor noch nie dagewesenen Herausforderungen. Sie treffen uns auf schlecht bestelltem Boden. Die Gesellschaft wurde durch die bisherige Koalitionspolitik nicht auf diese neue Zeit vorbereitet, vielmehr systemkonform blockiert. Ein weitsichtig aktiv gestalteter Wandel mit Ausbalancierung von Profitinteressen und Gemeinwohl, wie es das Grundgesetz in § 14, Abs. 2 vorsieht – „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ – fand nicht statt. Die krisenhafte Klimasituation hat sich allerdings beschleunigt entwickelt und nicht darauf gewartet, dass Politik die Gesellschaft darauf einstellt. CDU und SPD haben hier grandios versagt.
Umgang mit der neuen Lage
Es wird hier aber immer noch so getan, als wäre die neue Situation mit der Erde und der Atmosphäre verhandelbar und auf der Grundlage einer ‚Bezahlbarkeit‘ in der Kostenrechnung ‚vernünftig‘ zu begrenzen. Dies ist jedoch ein grundlegender Irrtum, alles, was jetzt nicht an Aufwand betrieben wird, wird später um ein Vielfaches teurer.
Im bisherigen System denkblockierte Politiker müssten erklären, wieso Bezahlbarkeit auf der Grundlage der unsinnigen Erhaltung der bestehenden Ungleichheit in der Eigentums- und Einkommensverteilung eine ernstzunehmende Kategorie sein kann. Das können sie allerdings nicht. Denn es gibt genug Geld im Umlauf, allerdings bewegt von anderen Kräften, die wieder an die Gemeinwohlverpflichtung angebunden werden müssen.
Die Regierung ist eingezwängt zwischen lobbyistischen Wirtschafts-Beratern, die vielfach auch eigene Interessen in Gesetzesentwürfen durchsetzen, und einer beharrenden Ministerialbürokratie, die wenig eigene Wandlungsimpulse kreiert bzw. nicht für notwendig hält. Es ist nicht zu erwarten, dass die Koalitionsparteien sich in ihrer Haltung grundsätzlich ändern werden, sie werden, sofern sie einen Regierungsauftrag bekommen, die Dinge vermutlich so weiterlaufen lassen wie Angela Merkel und dann, wenn sie merken, dass bestimmte Themen in der Gesellschaft sich wandeln oder toxisch werden, hier ein hinterherlaufendes Krisenmanagement durchführen, das sie sich dann als Meriten anheften.
Der Verweis auf notwendige Investitionen zu technologischen Innovationen (alle Parteien) klemmt, weil sich wirksame Alltagsreife vermutlich erst spät einstellen wird, wir aber jetzt reagieren müssen. Natürlich werden technologische Innovationen, sobald sie einsatzfähig sind, dann sinnvoll und hilfreich sein und die Erreichung klimapolitischer Ziele mit ermöglichen. Z.B. könnten Wasserstoff-betriebene Autos die E-Mobilität zum Teil früher ablösen als erwartet. Aber wir sollten nicht in Erwartung möglicher technischer Lösungen bei anderen wirksamen Maßnahmen die Hände in den Schoss legen.
Es ist nun an sich weder als Wähler noch als Partei nötig, erklären zu müssen, wieso der notwendige gesellschaftliche Umbau zur Erreichung des 1,5 Grad-Ziels der Erderwärmung sofort begonnen werden muss als zentrale Priorität für alle und das dabei lebenswerte Bedingungen für alle Menschen erklärtes Ziel schon auf dem Umwandlungsweg sein müssen. Dies müsste sich in allen Parteiprogrammen zwingend wiederfinden, wir finden es aber im Wesentlichen nicht. Gewisse Ausnahme ist dabei das Programm der Grünen, das vermutlich so aufgestellt ist, dass man noch Wahlchancen hat, aber später natürlich konsequent nachbessern muss. Denn wie gesagt, das Klima verhandelt nicht, sondern folgt physikalischen Gesetzen, die wir als Menschen für unsere Lebensbedingungen folgenreich und ungünstig in ihren Rückwirkungen gestaltet haben.
Situation und Interessen älterer Menschen
Ältere Menschen sind nun verunsichert, welche Partei ihre Interessen in den letzten Lebens-Jahren oder -Jahrzehnten nun eigentlich vertreten könnte. Sicherheit wie früher scheint es nicht mehr zu geben, noch nicht einmal materiell sind alle gut abgesichert.
Sie haben gesehen, dass die Pandemie schonungslos aufgedeckt und offensichtlich gemacht hat, was schon vorher im Argen lag. Denn alle für die Gesellschaft wesentlichen Bereiche, egal ob Pflegepersonal in Krankenhaus und Altenheimen, Erzieherinnen, Polizistinnen, Lehrer und viele andere, waren aus Profitinteressen unterbezahlt und die Personalstärke auf Kante genäht. Das hatten allerdings insbesondere ältere Menschen bereits vielfach am eigenen Leibe erlebt. Gemeinwohlorientierung sieht anders aus. Und dies gilt für alte Menschen gleichermaßen wie für Kinder (1), die als Enkel im Blick der alten Menschen sind.
Die Lebenserwartung von Menschen in armen Stadtteilen wie Köln-Chorweiler oder Hamburg-Veddel war und ist deutlich geringer, z.B. in Hamburg-Veddel vor der Pandemie zehn bis 15 Jahre geringer als in den reichen Stadtteilen von Hamburg, worüber wenig gesprochen wird. Dort in Veddel hat sich die Pandemie auch für viele bedrohlicher abgespielt.
Informative Hilfen zur Wahlentscheidung
Wie können sich ältere Menschen nun informieren, welche Partei oder welche Abgeordneten sie nun wählen könnten, gerade in der Zeit von Fake News und gehäufter Fehlinformation? Hier wurde nun für die Fernseh-Trielle (in Anlehnung an Duelle) der drei Kanzlerkandidat*innen geworben. War das hilfreich? Aus meiner Sicht überhaupt nicht.
Das Format des Triells ‚Wer kann es besser‘ hat eine nicht vorhandene Verhandelbarkeit der neuen Herausforderungen zur zentralen Ebene gemacht und das Ignorieren des Ernstes der Lage und eines ernsthaften Umgangs damit versucht gesellschaftsfähig zu machen. Die Kandidatin und die Kandidaten haben sich dem unterworfen, so wurde das Triell zum absurden Theater.
Die älteren Wähler konnten sich nicht wirklich informieren, sondern allein Zuschauer einer RTL-Show sein, wer die beste Performance auf systemimmanente, somit für das große Thema eines Wandlungsprozesses unsinnige Fragen zeigte. Allenfalls Sympathie-Punkte konnten verteilt werden.
Eine notwendige Klimapolitik steht über Parteiinteressen, im Wandlungsprozess der Gesellschaft muss allen Parteien an sich klar sein, dass alle Menschen mitgenommen werden müssen bzw. mitkommen dürfen, eben auch gerade alte Menschen. Offensichtlich ist dies noch kein gesellschaftlicher Konsens, wird zukünftig allerdings unfreiwillig erzwungen werden durch erlebbare Folgen des Temperaturanstiegs im globalen Klima. Stattdessen gibt es darüber aber einen unsinnigen Schlagabtausch ohne informativen Gehalt.
Wenn wir trotzdem einmal anschauen, was an Informationsgehalt im Triell verborgen war, so ist festzuhalten, dass alle drei Personen, die Kanzler*innenschaft anstreben, Angst vorm Wähler haben, wobei Annalena Baerbock den Wählerinnen noch am ehesten Wahrheiten zuzutrauen scheint. Versäumnisse sehen alle bei Anderen. Eine selbstkritische Haltung, die sagt, dass wir nun anders handeln müssen, da wir uns in Sackgassen manövriert haben, ist bei Armin Laschet und Olaf Scholz kaum zu finden.
Kanzlerkandidaten
Da es hier offensichtlich mehr um Personen als um Programme geht, lohnt es sich die Personen und ihr Verhältnis zu ihren Parteien näher anzuschauen. Armin Laschet und Olaf Scholz sind beides Politiker, die eine neoliberale Wachstumswirtschaft befürworten. Sie tun weiter so, als seien sie wirksam handelnde Personen und nehmen kaum noch wahr, dass sie und ihre Vorgänger sich selbst entmachtet haben durch die Entfesselung von sinnvollen wirtschaftlichen Regularien, die das Gemeinwohl im Blick hatten. Diese gilt es also zurückzuerobern durch eine zukünftige Bundes-Regierung und Bundestag.
Schauen wir uns das Verhältnis der Parteien zu ihren Kandidaten an:
Armin Laschet wird in seiner Partei nicht wirklich unterstützt. So, wie die Partei innerlich empfindet, wird eine andere Art der Machtpräsentation gewünscht.
Olaf Scholz macht eine One-Man-Show mit einem gespielten Alter Ego, wie die Partei es fordert. Aber er hat die Partei nicht wirklich hinter sich, denn er steht eher für neoliberale als traditionell sozialdemokratische Positionen. Insofern bleibt unklar, was sich nach der Wahl durchsetzt.
Neoliberale Positionen, wie sie z.B. auch die FDP hat, setzen aber bisher zentral auf unsichere Konzepte zu möglichen technologischen Innovationen in der Zukunft, nicht für beherztes sofortiges Handeln, um die Folgen der Erderwärmung für die Bürger so gering wie möglich zu halten. Diese einseitige Orientierung könnte gefährliche Folgen für unser Leben haben. Eine niedrige CO2-Bepreisung in unbedeutender Lenkungswirksamkeit dient dabei als Mäntelchen von Klimavernunft.
Annalena Baerbock hat die Partei sicherlich gut hinter sich, Robert Habeck ist sichtbar bei ihr, aber sie hat wie viele in ihrem Alter die Neigung zur schönenden Selbstdarstellung, was durch die sozialen Medien allerdings in breiten Teilen der Gesellschaft üblich ist. Das ist in Bezug auf die zukünftigen Herausforderungen aus meiner Sicht aber nicht wirklich erheblich, weil sich ihr Blick auf den Klima-Wandel dadurch nicht verstellt hat. In einer Kanzlerschaft wird auch sie sich natürlich mit den verhindernden und im Alten beharrenden Kräften auseinander zu setzen bzw. zusammen zu setzen haben. Inwieweit ihre Partei lieber Robert Habeck als Kanzlerkandidaten gehabt hätte, bleibt unklar.
Keiner der drei Kandidat*innen ist auf die gerade beschriebene seit längerem ungesunde Verfassung unserer Gesellschaft eingegangen, dabei hat auch die Corona-Pandemie sich auf diesem ungesunden Terrain erst so folgenreich entwickeln können.
Klimapolitik ist überparteilich
Alle Parteien werden klimapolitisch in gleicher Weise tätig werden müssen. Sofern hier aber verzögert wird im Interesse von noch vorrangig wirkenden Profitinteressen großer Global Player, werden die Maßnahmen später einschneidender ausfallen und die notwendigen Klimaziele für lebenswerte Lebensbedingungen schwerer oder nur zum Teil erreicht werden können.
Das Bundesverfassungsgericht hat die Regierenden aufgefordert, die Bedürfnisse der jungen Menschen angemessen zu beachten und Maßnahmen nach 2030 zu konkretisieren. Dies wurde rasch umgesetzt in einem neuen Gesetz, was ich in großen Teilen für Kosmetik halte.
Die Parteien streiten sich nun um Details, obwohl z.B. alle zusammen einen etwas dynamischeren CO2-Preis beschlossen haben, der die Benzinpreise erhöhen wird. Allen ist auch klar, dass diese Erhöhung für Menschen mit niedrigen oder prekären Einkommen sozial abgefedert werden muss und kann. Aber bezüglich der Rückflüsse von Geld aus den CO2-Einnahmen des Staates zu den Bürgern werden unsinnige Kontroversen entfacht, Klarheiten vielfach vermieden, und die Benzinpreiserhöhung fälschlich als unsoziale grüne Idee angegriffen.
Also, alle Parteien werden das gleiche klimapolitischen Ziel, also die Begrenzung der Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad ansteuern müssen.
Klimapolitik und Lebensqualität
Wird konsequentes klimapolitisches Handeln das Leben nun hauptsächlich einschränken oder vielmehr die Lebensqualität bestmöglich bewahren oder sogar verbessern?
Schauen wir uns exemplarisch klimapolitische Themen aus zwei Bereichen an, was sie für ältere Bürger bedeuten können: Stadtentwicklung und Massentierhaltung.
Beispiel Stadtentwicklung
Wir wissen, dass die Städte sich im Sommer stark aufheizen, wir mussten in heißen Sommern viele Hitzetote unter den Senioren beklagen, dies wird sich zukünftig noch verstärken. So kann es also nicht bleiben. Städteplaner wissen, dass die Städte nun intensiv begrünt werden müssen, versiegelte Flächen, u.a. Parkraum für Autos, verringert und Parks-, Spielflächen und Fahrradwege großzügig angelegt werden müssen. Fassaden von Häusern müssen dabei auch entsprechend verändert werden, dass sie nicht zur Aufheizung beitragen, sondern diese bestenfalls verringert.
In den Städten wird es eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/Std. geben, die es rüstigen Senioren ermöglichen wird, gefahrlos Fahrrad zu fahren. Alle älteren Menschen können dann die Straßen überqueren ohne sich im Tempo gehetzt zu überfordern. Senioren, die noch Auto fahren, werden dies auch weiter tun können, in der Stadt und vom Land zur Stadt, aber komfortabler wird nachhaltige Mobilität durch neue kostenlose Kleinbus- und preiswerte Taxen-Systeme ermöglicht werden. Dazu gehört auch in allen Stadtteilen größerer Städte Einkaufsmöglichkeiten, Ärzte, Apotheken und z.B. Friseure anzusiedeln, die fussläufig erreicht werden können. Insgesamt führt das zusammengenommen zu einer Verkehrsberuhigung und zu weniger CO2-Emmisionen aus verschiedenen Quellen.. So ergibt sich eine bessere Lebensqualität durch reale Umsetzung der Herausforderung, dass unsere Städte sich nicht aufheizen dürfen.
Andere Themen wie erschwingliche Mieten und energetische Sanierung von Häusern mit Solarprogrammen auf Dächern müssen ebenfalls umgesetzt werden.
Beispiel Massentierhaltung
Die Massentierhaltung ist eine bedeutsame Quelle von Emissionen geworden, die das Klima aufheizen. Ist es für die Zukunft tatsächlich ein Freiheitsaspekt täglich Fleisch zu essen? Aus ärztlicher Sicht sind hier Gesundheitsaspekte anzuführen, die dies fraglich erscheinen lassen. Tägliches Essen von rotem Fleisch, also vom Schwein und vom Rind, ist stark mit der Entwicklung bzw. Verschlechterung von Diabetes Typ 2, dem sogenannten Altersdiabetes, assoziiert. Es spielt hier nicht nur der Zucker eine Rolle. Und für die Blutgefäße ist es relevant, dass täglicher Fleischkonsum Entzündungsreaktionen bewirkt, die Arteriosklerose fördern. Weiterhin werden durch unkontrollierte Gabe von Antibiotika in der Fleischmast und Tierbehandlung antibiotikaresistente Keime gezüchtet, die gerade Senioren in der Behandlung z.B. von Lungenentzündungen und Wunden, sowie nach Operationen gefährden.
Aus meiner Sicht ist diese Freiheit zu täglichem Fleisch keine sehr klug genutzte Freiheit, insbesondere, wenn man noch Tierwohl und Klimawirkung bedenkt. Mäßigung im Fleischgenuss und dann eben seltener Fleisch, aber dann von ökologisch gehaltenen Weidetieren, ist gesünder, dann vielleicht wie ein Festessen und erscheint mir einfach als Lebensqualität, die sich im Grunde aus Liebe zu sich selbst entwickelt.
Auch hier in der Agrarindustrie bei Tieren und Pflanzen gilt es EU-Zahlungen noch viel stärker an ökologische Kriterien anzubinden, Permakulturen zu ermöglichen und das Sterben von kleinen Bauernhöfen zu verhindern.
Einschränkungen und Gewinne in der Lebensführung
Solche Beispiele lassen sich beliebig weiter fortführen. Aber auch, wenn im Klimawandel und guter Klimapolitik Gewohnheiten nicht immer wie bisher weitergeführt werden können - das wird sicherlich auch so sein und nicht immer einfach - so bedeuten sie ja nur dann Verzicht und Einschränkung, wenn ich das nicht bejahen kann im Hinblick auf größere Ziele und mit Blick auf das, was ich dadurch gewinne. Eine gesellschaftliche Entwicklung, die sich von Profitmaximierung abkehrt und hin zu Gemeinwohlökonomie orientiert, führt zur Stärkung menschlicher Beziehungen, läßt die Gemeinschaft aufatmen und generiert Impulse, die menschliche Begegnungen von Warenbeziehungen wieder zu empathischen Kontakten und liebevollem Zusammensein führt. Dies betrifft die ganze Gesellschaft, ganz besonders auch das gefährdete Kindeswohl (1).
Alter kann dann wieder gewürdigt werden, ältere Menschen können wieder mehr am Leben teilnehmen, empathischer versorgt werden, aber auch mit der Weisheit des Alters den Jüngeren, den Enkeln wieder viel geben. Auch mit Sinn- und spirituellen Fragen haben sie sich vielfach tief auseinandergesetzt und bereichern so die Gesellschaft. Dies geht mit nur versorgenden effizienzorientierten institutionellen bzw. technischen Beziehungen (alte Menschen als Kostenpositionen) alles nicht. Zu guter Klimapolitik gehört eben auch die Überwindung gesellschaftlicher Spaltungen und eine Förderung von Kooperation anstelle von erschöpfender Konkurrenz im Wirtschaftsleben. Hierzu ist es auch wichtig, dass wir genug Altenpfleger*innen haben die gut ausgebildet und bezahlt werden und sich in freudvoller und befruchtender Kommunikation mit den alten Menschen befinden. Ich habe andernorts beschrieben, wie dann mit ausreichend Zeit auch echte Gesundheitsförderung und Immunstärkung alter Menschen erreicht werden kann, z.B. mit dem Üben altersangemessener QiGong-Übungen unter Anleitung von Altenpflegern, die dies in ihrer Ausbildung erlernen sollten (1). Wenn die Gesellschaft aus ihrer Rastlosigkeit herauskommen will, ist QiGong übrigens eine für Menschen in jedem Alter geeignete Unterstützung.
Gedanken zu Annalena Baerbock
Am ehesten scheinen mir die Interessen alter Menschen in einer Kanzlerschaft von Annalena Baerbock aufgehoben, auch wenn sie selbst gesellschaftliche Utopien wenig skizziert, dies eher Robert Habeck überlässt. Verzögerungen und Inkonsequenzen im weitsichtigen Handeln wird es ja allein schon durch die Koalitionsverträge geben, das sollte nicht durch die Wahl einer der systembedingt bremsenden beiden anderen Kanzlerkandidaten zum Kanzler noch verstärkt werden.
Sie steht als Mutter von zwei schulpflichtigen Kindern mitten im Leben und ist familiär gefestigt. Darüber hinaus hat sie sich als Co-Vorsitzende der Grünen bewährt und hat gezeigt, dass sie mit Robert Habeck kooperativ führen kann, also die für die Zukunft wichtige Teamfähigkeit besitzt.. Solcherart Lebens-Erfahrung ist mir persönlich lieber als die jahrzehntelange politische Systemprägung der beiden anderen Kandidaten, die in der von mir empfundenen ‚Leblosigkeit‘ ihrer politischen Attitüde, die hauptsächlich sich selbst als Führungsfiguren bespiegeln, kein hilfreiches Vorbild beim Aufbruch in eine neue Zeit sein würden.
Die Diskussion um ihr noch junges Alter in Bezug auf das Kanzlerinnenamt finde ich unangemessen, Kanzler Sebastian Kurz aus Österreich ist deutlich jünger, Emmanuel Macron, der französische Präsident, war ebenfalls jünger, als er ins Präsidentenamt einzog. Auch sie fanden ihren Weg in ihrem Land, in der EU und überhaupt auf dem internationalen Parkett. Die Akzeptanz von Angela Merkel international hat ja hier für Frauen den Weg gut geebnet.
Nach der Wahl
Es bleibt natürlich, dass auch nach der Wahl der Druck von der Straße, z.B. durch ‚Fridays for Future‘ und allen engagierten Kräften in der Bevölkerung, noch lange gebraucht werden wird, um den Kurs für lebenswerte Verhältnisse auf der Erde zu halten, egal wie die Wahl ausgeht. Die Zivilbevölkerung ist in den nächsten 4 Jahren mehr denn je gefordert politisch als Bürger präsent zu sein, um die recht ausgeleierte Demokratie wieder bürgernah zu erfrischen. Die Alten, zu denen ich mit 71 Jahren auch gehöre, werden dazu unbedingt gebraucht. Ich wünsche allen eine für sie im Herzen gut gewogene Entscheidung bei der Wahl.
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